Das Bundeskabinett hat am 10. Juni 2015 den Entwurf eines Gesetzes
zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung
(Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) beschlossen. Der Gesetzentwurf soll
die Qualität der Krankenhausversorgung stärken und für mehr Pflegekräfte
am Krankenbett sorgen. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2016 in Kraft
treten.
Gegen den Gesetzentwurf machen am Tag der Gesundheitsministerkonferenz
deutschlandweit Gewerkschaften und Krankenhäuser mobil mit der Aktion
„162.000 brauchen dich!“. Nach dem Personal-Check der Gewerkschaft
ver.di fehlen an den Krankenhäusern insgesamt 162.000 Kolleginnen und
Kollegen. Jetzt werden sich genauso viele Menschen vor die Krankenhäuser
stellen. 162.000 Kolleginnen und Kollegen halten 162.000 Nummern hoch.
„Überall genau zur gleichen Zeit, vom Nordseestrand bis in die
bayerischen Berge, von Görlitz bis Saarbrücken: Am 24. Juni, um 13 Uhr,
dann schlägt es 13.“ so die Gewerkschaft ver.di.
Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums Altenburger Land
beteiligen sich mit Unterstützung des Betriebsrates und der
Klinikumsleitung an der Aktion.
„Zu dieser Demonstration müssen wir nicht nach Berlin fahren und unsere
Patienten allein lassen. Wir können hier vor Ort ein Zeichen setzen für
mehr Beschäftigte in den Krankenhäusern!“ sagt Iris Lange,
Betriebsratsvorsitzende im Klinikum Altenburger Land.
„Der Gesetzesentwurf ist Etikettenschwindel!“ ärgern sich auch die
Geschäftsführer des Klinikums Altenburger Land, Dr. Gundula Werner und
Dr. Lutz Blase. Krankenhausfinanzierung ist eine sehr komplexe Sache,
die man nicht in wenigen Sätzen erläutern kann. Und so übersieht man
leicht die Fallstricke des neuen Gesetzentwurfs. In einer
Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft sind die
personellen Auswirkungen des Gesetzentwurfes folgendermaßen geschildert:
„Die Politik will den Krankenhäusern ab 2017 den sogenannten
Versorgungszuschlag i. H. v. 0,8 Prozent der DRG-Vergütung streichen.
Damit würden den Kliniken mit einem Schlag 500 Millionen Euro pro Jahr
ab 2017 gestrichen. Das sei weit mehr als das Personalförderprogramm mit
gerade einmal 220 Millionen Euro im Jahr 2017 für die Neueinstellung
von Pflegekräften zur Verfügung stelle. Die zusätzlich höchstens 4.400
Pflegekräfte helfen wenig, wenn gleichzeitig die Mittel für 10.000
Pflegekräfte gekürzt werden. Zumal das Pflegestellenförderprogramm nicht
zum Tragen kommen werde, da viele Krankenhäuser den Eigenanteil und die
Folgekosten von Neueinstellungen nicht aufbringen können. Hier habe die
Gewerkschaft ver.di Recht – das Personalförderprogramm sei reine
Symbolpolitik.“
Auch Dr. Werner und Dr. Blase üben heftige Kritik am Gesetzesentwurf:
Die Refinanzierung steigender Betriebskosten wie etwa durch neue
Tarifabschlüsse sei nicht vorgesehen. Mehr Produktivität soll zu
Preissenkungen führen – im Klartext bedeutet das für den Patienten noch
weniger Zeit und für die Mitarbeiter noch mehr Arbeitsverdichtung. Eine
weitere Schwachstelle ist der Investitionsstau vieler Krankenhäuser –
auch hier bietet der Gesetzentwurf nur unzureichend Lösungsansätze an.
Dafür zusätzliche Dokumentationen und Kontrollen durch den Medizinischen
Dienst der Kassen, die als Qualitätsoffensive bemäntelt werden.
„Mehr Qualität mit weniger Geld? – ein sehr fragwürdiger Ansatz“ stellen
Dr. Werner und Dr. Blase fest und fordern statt dessen gemeinsam mit
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Gesetz, das Krankenhäuser
finanziell auskömmlich ausstattet, um Patienten auf bestmöglichem
technischen Wissensstand und gleichzeitig mit der notwendigen
pflegerischen Zuwendung zu versorgen.
Christine Helbig